Sprachrohr Gottes noch heute?

Sprachrohr Gottes noch heute?
Anspruch und Wirklichkeit eines modernen Prophetentums im Lichte der Bibel

In einer Zeit, in der viele die Existenz Gottes bezweifeln, ist es schwer, über angeblich von Gott gesandte Propheten zu sprechen. Wie kann man jemandem glauben, der im Namen Gottes auftritt, wenn man schon den Gedanken für lächerlich hält, dass Gott überhaupt existiert? Andererseits respektiert man, dass es Menschen gibt, die an ein höheres Wesen glauben. Wenn wir genauer hinsehen, ist die Zahl derer, die irgendein höheres Prinzip im Gang der Weltgeschichte erkennen, in Wirklichkeit gar nicht so gering. Die einen mögen es „Entwicklung“ oder etwas fatalistischer „Schicksal“ nennen. Selbst für diejenigen, die nicht an Gott glauben und erst recht nicht in die Kirche gehen, scheint da etwas zu existieren, das Richtung und Ziel vorgibt. Zumindest scheint es dem Menschen eigen zu sein, sich nach einem höheren Sinn zu sehnen und ihn in der eigenen Lebensgeschichte zu suchen. Auch überzeugte Atheisten und einfach nur Ungläubige fragen sich nach dem Woher und dem Wohin der Menschheit – vielleicht tun sie das sogar noch dringlicher als gläubige Menschen, die ihre Antwort auf die existentiellen Fragen des Lebens bereits gefunden haben.

Tatsache ist, dass bei all dem Suchen nach Wahrheit, nach Richtung und Sinn selbst Menschen aus derselben sinnstiftenden Gruppierung (z. B. einer Religion, einer Kirche oder einer Glaubensgemeinschaft) bisweilen sehr unterschiedliche Antworten auf dieselben wichtigen Fragen haben. Hat nicht gerade das immer wieder zu Spaltungen und sogar Glaubenskriegen geführt? Die Frage, die schon Pontius Pilatus an keinen Geringeren als Jesus Christus richtete, nämlich „Was ist Wahrheit“, wird auch – oder gerade – innerhalb einer eng gefassten Glaubensrichtung nicht immer gleich beantwortet. Ganz unserem postmodernen, pluralistischen Denken entsprechend mag man versucht sein, dem Zeitgeist nachzugeben und zu konstatieren, dass so etwas wie Wahrheit lediglich ein subjektives Konstrukt ist, das letztlich nur eine unter vielen Perspektiven darstellt. Aber stimmt das?

Vielleicht war die Frage des Pilatus nur theoretisch gemeint. Tatsache ist: Jesus hat danach keine Gelegenheit mehr, auf die Frage einzugehen. Er wird abgeführt und hingerichtet. Dennoch gibt er uns eine klare Antwort, die schon fast zu simpel und vielleicht auch überheblich erscheinen mag. Unmittelbar bevor Pilatus seine Frage formuliert, weist sich Jesus vor Gericht aus: „Ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme.“ Und schon vorher hatte er gesagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“ Wer die Bibel studiert, wird sich klaren Definitionen gegenüber sehen, ganz besonders, wenn es um „Wahrheit“ geht.

„Wer aus der Wahrheit ist“, sagte Jesus, „der hört meine Stimme.“ Er lebt heute nicht mehr unter uns – zumindest nicht als Mensch. Dennoch will er, so die Überzeugung vieler Christen, weiterhin zu seinen Nachfolgern sprechen. Das tut er 1. durch sein „Wort“, wie wir es in der Bibel vorfinden und 2. durch Propheten, die er beauftragt, in seinem Namen zu sprechen. Es gibt auch andere, persönlichere Wege (durch den Heiligen Geist, durch seine Führung etc.), aber die wichtigsten sind diese beiden. Da sie sich außerhalb von uns befinden, können sie ein objektiverer Maßstab für unser Handeln sein.

Die Bibel besteht im Grunde aus Schriften von Personen, die Gott erlebt haben und darüber berichten – oder die sogar unmittelbar von ihm unterrichtet wurden und dies in ihrer eigenen Sprache wiedergeben. Die Bibel ist ja nicht als fertiges Werk vom Himmel gefallen. Vielmehr wurde sie von diesen Personen über einen Zeitraum von etwa 1.500 Jahren niedergeschrieben. Interessant daran ist, dass die Bibel nirgends sagt, dass Gott nun aufgehört habe, zu Menschen zu sprechen. Ganz im Gegenteil: Jesus weist deutlich darauf hin, dass Gott auch weiterhin Menschen berufen wird, damit sie als seine Boten sprechen: „Siehe, ich sende zu euch Propheten und Weise und Schriftgelehrte …“ Hätte es nach der Zeit Jesu keine Propheten mehr geben sollen, hätte Jesus nicht vor falschen Propheten warnen müssen. Vielmehr hätte er schlicht darauf hinweisen können, dass es überhaupt keine Propheten mehr geben würde.

Aber was genau ist die Rolle eines Propheten? Woran erkennt man einen echten Propheten? Und worauf zielt das, was er verkündigt, die Prophetie, eigentlich ab?...

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