Sabbat und Sonntag

Sabbat und Sonntag
Feiert die Christenheit den falschen Tag?

"Wo immer ein christlicher Prediger das Sonntagsgebot der Kirche mit dem Blitz und Donner des Heiligen Bundes Gottes auf Sinai einschärft, da flunkert er, da behauptet er etwas, was im Grunde genommen gar nicht stimmt.“ Diese erstaunliche Aussage stammt von dem Jesuitenpater und Theologen Karl Rahner (1904-1984). Er galt als einer der Experten, wenn es um die Frage des christlichen Feiertags geht. In seinem Zitat fährt er fort: „Wir müssen also sagen, das eigentliche Sonntagsgebot ist kein göttliches Gebot, … [es] ist und bleibt ein Gebot der Kirche.“ Lapidar fügte er hinzu, dieses Gebot könne die Kirche auch wieder abschaffen. Ist es tatsächlich möglich, dass praktisch die ganze Christenheit – sofern sie überhaupt kirchlich aktiv ist – am falschen Tag zum Gottesdienst geht? Wie stark sind die Argumente kirchlicher Vertreter zugunsten einer Sonntagsfeier? Und spielt das überhaupt eine Rolle?

Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt: Es ist in der Tat so, dass nicht Gott am Sinai, sondern die Kirche das Feiern des Sonntags eingeführt hat. Noch heute betont sie, dass sie es war, die dies tat: „Der Sonntag ist das Markenzeichen unserer Autorität … Die Kirche steht über der Bibel, und diese Übertragung der Heiligung des Sabbats ist der Beweis für diese Tatsache.“

Das ist eine erstaunliche Aussage, denn nach allgemeinem Rechtsverständnis hat immer nur der Gesetzgeber selbst oder eine ihm übergeordnete Instanz das Recht, ein jeweiliges Gesetz zu ändern. Das Gesetz der Zehn Gebote stammt aber von Gott, nicht von der Kirche. Und in ihm spricht Gott nicht vom Sonntag, dem ersten Wochentag, sondern vom siebten – dem Sabbat, der bei uns als Samstag oder Sonnabend bekannt ist. Den bezeichnet das Wort Gottes allerdings als „heilig“ und damit als unantastbar.

Der Sabbat ist neben der Ehe eines der großen Geschenke Gottes an die Menschheit, das bis auf die Schöpfung zurückgeht: „So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn.“ Dem ersten Buch Mose zufolge durften unsere Stammeltern als erste Heimatvertriebene diese beiden Geschenke aus dem Naturschutzpark des Paradieses mitnehmen in die freie Wildbahn dieser unheilen Welt.

Das Sabbat-Gebot nennt Namen und Titel des Gesetzgebers sowie den Geltungsbereich, für den dieses Gesetz gilt: „… der Herr, dein Gott, der Himmel, Erde und das Meer gemacht hat“. Diese Hervorhebung kann als das Siegel des Schöpfers bezeichnet werden, enthält doch ein Siegel in der Regel diese drei Bestandteile. Diese siegelähnliche Kennzeichnung findet sich auch im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung. Hier ist von einem „ewigen Evangelium“ die Rede. Es soll vor der Wiederkunft des Erlösers ein letztes Mal weltweit verkündigt werden. Die Aussage über den Schöpfer in dieser Botschaft ist der Formulierung des Sabbat-Gebots entnommen: „Fürchtet Gott und gebt ihm die Ehre; denn die Stunde seines Gerichts ist gekommen! Und betet an den, der gemacht hat Himmel und Erde und Meer und die Wasserquellen!“  Die innere Spannung zwischen dieser auf die Schöpfung bezogenen Aussage des Gebotes im Vergleich zu modernen evolutionären Thesen dieser Zeit ist unverkennbar.

Die schönste Erklärung des Sabbats aber gibt Jesus im Markus- Evangelium: „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht und nicht der Mensch um des Sabbats willen.“ Jesus spricht hier vom Menschen schlechthin und nicht vom Juden. Im Grunde untermauert er das, was der jüdische Philosoph Philo etwa ein Jahrhundert zuvor geschrieben hatte: Weil der Sabbat seit der Schöpfung besteht, sei er „nicht der Festtag einer einzelnen Stadt oder eines einzelnen Landes, sondern der Festtag des Universums, und streng genommen verdient er allein die Bezeichnung ,international‘, weil er allen Menschen gehört.“ Tatsächlich kann man mit den Worten eines alten Bibelkommentars sagen: „Die Heiligkeit des Sabbats ist älter als Israel und ruht über der gesamten Menschheit.“..

Cookies helfen uns bei der Bereitstellung unserer Inhalte und Dienste. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu.
Unsere Datenschutzerklärung