Faszinierende Wunder der Natur

Faszinierende Wunder der Natur

Es gibt wohl keinen Menschen, der nicht die Natur liebt. Immer wieder ist man fasziniert von der unglaublichen Schönheit und Funktionalität der Dinge, die uns umgeben – der Blumen, der Berge und Täler, der Seen und Wälder, der Vögel und aller anderen Lebewesen.

Noch viel größer wird die Faszination, wenn wir mehr in die Tiefe gehen und uns im Einzelnen mit den speziellen Eigenschaften eines Tieres beschäftigen. Die Wissenschaft hat viel dazu beigetragen, uns die Augen zu öffnen über die Funktionsweise kleinster Tiere oder anderer Gegebenheiten, worüber die Menschen früherer Zeiten gar keine Kenntnis besaßen. Es kann nur größtes Erstaunen hervorrufen, wenn man sich anschaut, wie alles erschaffen wurde und welche Wunder sich teilweise hinter Dingen verbergen, die wir als selbstverständlich ansehen. Ich möchte in diesem Artikel einen Blick auf einige wenige Details aus der Welt der Natur werfen, die mich in letzter Zeit zum Staunen gebracht haben.

Der Schussexperte unter den Fischen

Haben Sie schon einmal etwas von einem Schützenfisch gehört? Bei den vielen Fischarten, die es gibt, kann man ja nicht jede Unterart kennen. Es handelt sich um 12 – 40 cm große Fische, die in kleinen Gruppen in küstennahen tropischen Gewässern leben. Die Nähe zur Küste hat etwas mit ihrem Jagdverhalten zu tun. Anstatt ihre Beute in ihrem direkten Lebensraum, dem Wasser zu suchen, halten sie nach Beutetieren weit oberhalb der Wasseroberfläche Ausschau. Schützenfische (Toxotes) haben ihren Namen von der Fähigkeit erhalten, mit einem gezielten Wasserstrahl Insekten, die auf Pflanzen sitzen, „abzuschießen“ und zu fressen, nachdem sie auf die Wasseroberfläche gestürzt sind. Gelegentlich springen diese Fische auch aus dem Wasser, um die Beute direkt zu ergreifen, wenn sie in Reichweite sitzt, aber die normale Methode ihres Beutefangs ist diese ausklügelte Schusstechnik. Für den Schuss schieben sie ihre Lippen ganz knapp über die Wasseroberfläche, was durch den vorstehenden Unterkiefer noch erleichtert wird. Bis zu 5m weit kann der Schützenfisch schießen. Das Ganze ist viel schwieriger, als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Der Fisch benutzt für diesen Vorgang eine unglaublich hochentwickelte, ausgefeilte hydrodynamische Technik, die wir uns ein wenig näher ansehen wollen.

Der obere Gaumen des Schützenfisches besitzt eine schmale Furche, und mithilfe seiner Zunge, die er gegen den Gaumen presst, formt er zunächst einen engen Kanal. Danach zieht der Fisch seinen Kiemendeckel zusammen und drückt so Wasser durch den winzigen Kanal, welches dann als scharfer Strahl aus dem Maul herausgeschleudert wird. Dieser Wasserstrahl ist allerdings nicht irgendein Strahl, sondern weist bestimmte bemerkenswerte Qualitäten auf. Der Fisch nutzt die hydrodynamische Instabilität eines pulsierten Strahles aus. Der Hintergrund ist der, dass ein Wasserstrahl kein homogenes, glattes Etwas ist, sondern Dellen und Beulen aufweist, an denen sich einzelne Tropfen absetzen. Das herausschießende Wasser wird jetzt von dem Fisch mithilfe seines Mauls so geformt, dass die hinteren Teile des Wasserstrahls schneller fliegen als die vorderen. Das führt dazu, dass am Ende bei der angezielten Beute nicht die Spitze eines Strahls ankommt, sondern dass die hinteren Tropfen des Wasserstrahls inzwischen die vorderen Tropfen eingeholt haben und unter Addition ihrer Masse und Geschwindigkeit zusammen einen einzigen großen Wasserklumpen bilden, der schnell und kräftig genug ist, das Insekt von seinem Sitz zu stoßen.

Ein ausgewachsener Fisch trifft sein Ziel gewöhnlich beim ersten Mal. Was das allerdings bedeutet, wollen wir noch näher betrachten. Zunächst muss der Fisch ja seine Beute von unterhalb der Wasseroberfläche ausmachen. Dabei ist zu beachten, dass der Lichtstrahl nicht in einer geradlinigen Bahn auf sein Auge trifft, sondern durch die Brechung an der Übergangsstelle zwischen Luft und Wasser einen Knick macht. Diesen Brechungswinkel muss der Fisch bei seiner Berechnung der Lokalisation seiner Beute mathematisch mit einkalkulieren. Typischerweise beträgt der Schusswinkel 74 Grad von der Horizontallinie aus, die Brechung des Lichtes bewirkt dann, dass er das Ziel tatsächlich in einem Winkel von 78 Grad sieht. Allerdings kann der Schützenfisch auch bei niedrigeren Winkeln, beispielsweise bis zu 45 Grad schießen. In einem solchen Fall wäre die Abweichung der Wahrnehmung sogar noch deutlich größer, nämlich 58 Grad. Diese Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem wahrgenommenen Winkel muss der Fisch kompensieren.

Als zweites muss er folgende Tatsache bei seiner Berechnung mit einkalkulieren. Der abgeschossene Wasserstrahl verläuft ja nicht in einer geraden Linie, sondern macht aufgrund der Schwerkraft einen Bogen nach unten. Man spricht auch von einer parabolischen Kurve.

Alle diese mathematischen Berechnungen meistert der Schützenfisch mit Bravour. Das sind nicht einfach nur Schätzungen, sondern sein Gehirn ist offenbar in der Lage, hochkomplizierte mathematische Formeln aus der Trigonometrie und der Infinitesimalrechnung zu verarbeiten. Mathematiker, Informatiker und Programmierer können darüber nur staunen!

Die nächste mathematische Herausforderung für den Schützenfisch ist die Berechnung des Aufpralls der abgeschossenen Beute auf der Wasseroberfläche. Auch diese beherrscht er ohne Probleme. Denn bevor der Aufprall stattfindet, sprintet der Fisch schon los, und zwar ohne Zögern direkt zu dem Punkt, an dem das Insekt auf das Wasser aufschlägt. Er weiß also schon vorher, welche Kurve die Beute aufgrund des Treffers seiner Wasserkugel fliegen wird. Seine Reaktionszeit beträgt dabei ein Zehntel einer Sekunde – das ist doppelt so schnell wie die durchschnittliche menschliche Reaktion. Er dreht sich dabei dem vorherberechneten Landepunkt zu und nicht dem Ort, an dem sich die Beute gerade noch befindet. Und dann sprintet er in direkter Linie auf den Punkt zu, an dem das Insekt kurz danach herunterfällt, um es aufzufangen. Im Gegensatz dazu läuft beispielsweise ein Sportler bei irgendeinem Ballspiel eher im Zick- Zack, während er den Ball beobachtet, weil er nicht vorhersehen kann, wo der Ball auftreffen wird. Ein Forscher bemerkte dazu: „Der Schützenfisch wäre der bessere Außenspieler“

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